Wie lang sollte Ihr Cardio-Training sein? Wir fragten Trainer

Wie viel Ausdauertraining ist für positive Effekte optimal? Unsere Experten, öffentliche Gesundheitsinstitutionen und die Wissenschaft sind sich einig.

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Die gute Nachricht vorab: Cardio- und Ausdauertraining bringt quasi immer Vorteile mit sich. Sportliche Betätigung steigert das eigene Leistungsniveau, verbrennt Kalorien und hilft zudem Erkrankungen des Herz-/Kreislaufsystems vorzubeugen – so viel dürfte den meisten Menschen bereits bekannt sein.

Aber wie viel Cardio-Training ist notwendig, um das Potential wirklich auszuschöpfen?

Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, gemeinsam mit den Gründen, warum Cardio überhaupt so gut für unsere Gesundheit ist, sprachen wir mit dem Gründer und CEO Kyle Risley von Lift Vault und TJ Mentus, der eine Expertenposition bei Garage Gym Reviews hält und seit mehr als 6 Jahren als Personal-Trainer arbeitet.

Noch eine gute Nachricht haben wir ebenfalls: In Deutschland kennen die Todesfälle, bedingt durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, nur einen Trend: nach unten! Eine statistische Erhebung zeigt, dass sich die Herz-Todesfälle zwischen 1980 und 2019 um rund 40 % reduzierten, trotz konsequent steigender Bevölkerungszahlen in Deutschland.

Das ist einerseits den Fortschritten der Medizin, aber auch einem bewussteren Umgang mit der eigenen Gesundheit zu verdanken.

Was ist Cardio-Training?

“Cardio”, im Deutschen oftmals auch einfach “Ausdauersport” oder “Konditionstraining” genannt, ist ein unglaublich vielseitiger Begriff. Nicht unbedingt schwer im Alltag einzubauen, kann uns sportliche Aktivität in vielerlei Hinsicht behilflich sein. Nicht nur in der bereits erwähnten Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern beispielsweise auch um unsere Laune zu verbessern, wie eine Studie herausfand.

Aber wie lässt sich “Cardio” exakt definieren? Laut Kyle Risley, Gründer von Lift Vault und damit bestens mit Fitness und Gesundheitstraining vertraut, sollte Cardio-Training fester Bestandteil eines jeden Workouts sein.

Mit Cardio-Training trainieren Sie, wie er sagt, effizient Ihr Herz und “lernen” diesem damit an, Blut noch effizienter durch unseren Körper und in die Organe zu pumpen. Simultan steigert sich Ihre Lungenkapazität. Wie Risley sagt: “Cardio hilft der Lunge, mit jedem Atemzug mehr Sauerstoff aufzunehmen, was essentiell für unsere eigene Gesundheit ist”.

Wussten Sie schon?

Im Englischen steht “Cardio” übrigens für “Cardiovascular Training”, was frei ins Deutsche übersetzt so viel wie “Herz-Kreislauf-Training” bedeutet. Ein treffender Name, der bereits gut zusammenfasst, warum Cardio so wichtig für unsere Gesundheit, insbesondere im fortgeschrittenen Alter, ist.

TJ Mentus, seit 6 Jahren ein ACE Certified Personal-Trainer, der seine Vorliebe für den Sport schon in jungen Jahren entdeckte und sich diese Liebe zum Beruf machte, bestärkt das. “Unser Herz-Kreislauf-System benötigt eine Herausforderung, an der es wachsen kann, um dann wiederum die nächste Herausforderung noch souveräner zu bewältigen” – so Mentus, der damit eine Lanze für forderndes und förderndes Cardio-Training bricht.

Zur Häufigkeit und Dauer

Beide gefragten Experten sind sich einig: Regelmäßigkeit ist wichtig! Kyle Risley empfiehlt mindestens 30 Minuten pro Tag an drei Tagen in der Woche. Wie das Cardio-Training dann aussieht, das bleibt aber Ihnen selbst und Ihren Vorlieben überlassen. Cardio ist mehr als “nur” durch den Wald oder die Großstadt zu joggen.

Wer nicht gern joggt, könnte auch:

  • mit dem Rad fahren
  • auf dem Wasser oder am Rudergerätrudern
  • im Meer oder Schwimmhalle schwimmen
  • … oder alles andere machen, was die Ausdauer fordert und den Kreislauf sowie das Herzen fördert

Genau genommen ist es sogar schon “Cardio”, wenn wir die Treppe ins Büro oder in unsere Wohnung, statt den Fahrstuhl benutzen. Auch beim Treppensteigen wird unser kardiovaskuläres System gefordert, natürlich aber nicht so intensiv wie bei einem echten Training. Trotzdem: Wie der Focus weiß, verbrennen wir beim Treppensteigen aufwärts durchschnittlich 0,11 Kalorien pro Stufe, abwärts immerhin noch 0,05 Kilokalorien. Nicht viel, aber immerhin etwas!

Personal Trainer TJ weist mit seiner Erfahrung auf einen weiteren wichtigen Umstand hin: “Was als Cardio verstanden und empfunden wird, variiert von Person zu Person: Manch einer empfindet schnelles Spazieren schon als Cardio, da er weniger fit ist und es folglich fordernd ist, eine trainierte und fitte Person muss hingegen mehrere Kilometer joggen, um den gleichen fordernden Effekt zu erhalten”.

Als Mitglied des Expertengremiums von “Garage Gym Reviews” kennt TJ die ganz unterschiedlichen Leistungsgrade und Voraussetzungen, die Kunden und Fitness-Interessierte mitbringen: und wie wichtig es ist, individuell auf eben diese einzugehen.

Anpassung des Trainings nach Leistungsstand

Die deutsche Bundespolizei stellt hohe Anforderungen an ihre Bewerber – und zeigt simultan auf, wie sich das eigene Leistungsniveau verbessern und trainieren lässt.

Die Bundespolizei gibt eine konkrete Trainingsempfehlung für ihre GSG9-Aspiranten, die sich mit den Informationen aus unseren Gesprächen mit TJ und Kyle decken. Aktuell schlägt sie für Cardio-Training das vor:

Zunächst ergiebiges Ausdauertraining, dann mit Tempowechseln und Intervallen, die erst auf Dauer (also Länge des Trainings) und dann auf Intensität (also kurz und extrem fordernd) ausgelegt sind.

Progressiv soll die Belastung des Cardio-Trainings “hochgefahren” werden, wofür sie diese vier Optionen empfiehlt:

  • Trainingshäufigkeit steigern
  • Trainingsdauer verlängern
  • Pausen verkürzen
  • Intensität steigern

Je nach genutzter Trainingsmethode wird ein Pulsbereich zwischen 70 und 95 % empfohlen. Bei Trainingseinheiten mit hoher Intensität und Temposteigerungen ist ein sehr hoher Pulsbereich von 95 % anzustreben, bei einem langen Ausdauerlauf ein konstant forderndes, aber moderates Pulsniveau von 70 bis 75 %.

Vorteile von ausreichend langem Cardio-Training

Gesundheitliche Vorteile und solche für die eigene Fitness kann Cardio-Training nur dann erzielen, wenn es mit einer ausreichend häufigen Frequenz und zugleich lange genug ausgeübt wird. Eine grobe Faustregel: Wer nicht das Gefühl hat, innerhalb des Cardio-Trainings den “inneren Schweinehund” zu überwinden oder nicht einmal ins Schwitzen kommt, sollte seine Intensität oder die Dauer steigern. Ein “Workout”, das einen nicht “out worked” (sehr frei übersetzt: auslastet), hat nur reduzierte positive Effekte.

TJ empfiehlt Anfängern wenigstens 2 bis 3 30-Minuten-Einheiten pro Woche, seine Empfehlung deckt sich also mit der von Kyle Risley im vorherigen Abschnitt. Wer sich dann ein gesundes Maß an Cardio-Fitness antrainiert hat, muss sein Training aber zumindest bis zu einem gewissen Grad verschärfen. Dafür empfiehlt TJ 3 bis 4 Cardio-Einheiten in der Woche, die über 30 Minuten hinausgehen.

Dann nämlich kann der Körper von dem Training und der damit verbundenen Herausforderung profitieren – und zwar in vielerlei Hinsicht.

Verbessert Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Herzens

Ausdauertraining ist ein Training des Herzens – und damit “Herzenssache”. Das wissen Wissenschaftler ebenso, wie das amerikanische CDC und die “American Heart Association”, auf die sich diese Meta-Studie bezieht. Der stiftführende Wissenschaftler weist darauf hin, dass schon in 600 v. Chr. Mediziner, oder die, die damals als solche galten, um die Wichtigkeit von sportlicher Aktivität wussten.

Auch hier helfen uns Kyle und TJ. Beide merken an, dass ein forderndes Cardio-Training die Fähigkeit des Herzens Blut zu pumpen und zu verteilen verbessert. Das ist zugleich ein wichtiger Baustein in der Prävention von Verkalkung oder Unterversorgungen einzelner Organe.

Zellstruktur stärken und verbessern

Wie eine neue Studie aus dem Jahr 2021 festgestellt hat, kann regelmäßiges und forderndes Cardio-Training sogar unsere Zellen stärken und somit effektiv optimieren. Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass nicht nur der Metabolismus (also Stoffwechsel) so verbessert wird, sondern Zellen länger gesünder leben. Beides zusammen, führt insgesamt zu einer verbesserten Gesundheit der eigenen Zellenstruktur.

Stärkt die Ausdauer und Lungenkapazität

Im Englischen nennt man es “Bottleneck” – was ins Deutsche wörtlich übersetzt “Flaschenhals” bedeutet. Gemeint ist die Limitierung, die uns darin hindert, mehr aus uns oder einer Sache herauszuholen – ein “Engpass” eben. Diesen Engpass können Sie überwinden beziehungsweise erweitern, indem Sie regelmäßig ausreichend langes Cardio-Training absolvieren.

Das weiß die Wissenschaft, wie diese Studie zeigt, ebenso wie unsere Experten Kyle und TJ. Wir erinnern uns, TJ sagte dazu sinngemäß: “Der Körper muss herausgefordert werden, um für die nächste Herausforderung besser aufgestellt zu sein und auch diese überwinden zu können”.

Hilft beim Muskelaufbau

Muskelaufbau gibt es natürlich, aber nicht nur an (freien) Gewichten. Generell funktioniert unser Körper so: Wird ein Muskel beansprucht, bemerkt er das und wächst, damit ihm die Beanspruchung fortan leichter fällt.

Wer also regelmäßig Gewichte stemmt, wird das identische Gewicht nach einiger Zeit leichter heben können, da der Muskel gewachsen ist. An frühere Belastung kann er sich sogar “erinnern”, um dann schneller wieder darauf zu reagieren, wie der Spiegel berichtet.

Kyle Risley möchte die positiven Effekte von Cardio nicht “nur” auf die Ausdauer, Lunge und das Herzen begrenzt wissen. Im Gespräch äußert er sich so: “Zwar wird Cardio richtigerweise mit kardiovaskulären Vorteilen assoziiert, aber je nach Art des Trainings erzielt es auch Muskelwachstum und begünstigt das Muskelgedächtnis. Walking, Jogging und Radfahren begünstigen die Beinmuskulatur, Rudern und Schwimmen stärken Muskelgruppen im ganzen Körper”.

Tatsächlich kann man laut Risley auch mit Cardio gezielt Muskelgruppen und deren Wachstum fördern, wofür er vor allem HIIT empfiehlt. Das ist die Abkürzung für “High Intensity Interval Training”, also kurze Intervalltrainingseinheiten mit sehr hoher Intensität. Risley erklärt dazu, dass sich so punktuell Muskelgruppen fördern lassen, um deren maximales Leistungspotential gezielt zu steigern.

Verantwortlich dafür? Die Fähigkeit von HIIT Vorstufen des “Muskelmasse-Hormons” Testosteron zu produzieren. Die anabolische Reaktion fördert gezielt das Muskelwachstum. Dafür wird beispielsweise für drei bis fünf Sätze zu je 12 bis 15 Wiederholungen trainiert – und das für zwei- bis dreimal in der Woche.

Hilft beim Abnehmen

Alles, was wir den Tag über machen, verbrennt Kalorien – selbst der Gang zum Kühlschrank. Der ist aber ein Minusgeschäft, oder besser, ein Negativgeschäft. Das, was wir da heraus- und dann zu uns nehmen, enthält nämlich weitaus mehr Kalorien, als der Gang dahin verbrannt hat.

Cardio- und Ausdauertraining sind hingegen sehr gut geeignet, um lästige Pfunde purzeln zu lassen. TJ Mentus, der als Personal Trainer bestens mit den Wünschen seiner Klienten nach einem schlanken, fitten Körper vertraut sein dürfte, zeigt was für ein mächtiges Instrument Cardio-Training ist: Zwischen einigen hundert bis sogar hoch zu rund 1.000 Kalorien lassen sich damit pro Stunde “verbrennen”.

Wie viel Kalorien verbrannt werden, ist von zwei Faktoren abhängig: Einerseits der Intensität und Dauer, andererseits der jeweiligen Aktivität. Rudern beispielsweise, wo rund 85 % der Muskelgruppen des Körpers beansprucht werden, verbrennt mehr Kalorien, als seichtes Jogging durch den Park – eben weil der Körper beim Rudern weitaus mehr Energie in die Muskulatur pumpen und generell intensiver “arbeiten” muss.

Erneut wichtig: Cardio-Training sollte wenigstens zwei- bis dreimal die Woche zu je 30 Minuten stattfinden, besser 3-4x die Woche zu je 45 bis 60 Minuten!

Gut für die Gelenke

Lange Zeit hielt sich die Mär im Volksmund, Jogging wäre schädlich für die Gelenke. Mittlerweile ist das weitgehend widerlegt, wie die Ärztezeitung unter Berufung auf eine Studie angibt. Der Spiegel erfährt in einer eigenen Analyse außerdem, dass viel häufiger die falsche Wahl von Laufschuhen die Gelenke belastet, nicht die sportliche Aktivität selbst.

Unser Experte im Gespräch TJ Mentus kommuniziert das ähnlich. “Die Gesund- und Intaktheit der Gelenke wird durch die verstärkte Blutzirkulation bei ausreichend langem Cardio gestärkt” – simultan weist er auf die positiven Effekte für das Immunsystem, durch einen verbesserten Lymphfluss, hin.

Schlussfolgerung: Überschaubarer Zeitaufwand mit großem Resultat

Wie viel und wie lange Cardio? Unsere Experten, öffentliche Gesundheitsinstitutionen und die Wissenschaft sind sich einig: Wenigstens dreimal in der Woche zu je 30 Minuten müssten es schon sein. Ausnahmen sind für Menschen mit sehr schlechter Fitness, die schon bei weniger stark gefordert werden, überbrückend aber akzeptabel.

Wer bereits ein moderates bis gutes Fitnesslevel mitbringt, soll laut TJ und Risley lieber etwas mehr machen. Vier Cardio-Einheiten zu beispielsweise 45 Minuten wären dann eine gute Lösung. Für Abwechslung ist gesorgt, denn Cardio ist mehr als “nur” im Park zu laufen. Rudern, aktiv auf dem Crosstrainer oder Ergometer sein, im See schwimmen oder Radfahren – all das können Sie als Cardio-Aktivität verbuchen.

Sich selbst mit dem eigenen Cardio-Training zu fordern, ist ungemein wichtig. Der Großteil der Vorteile, wie unsere zwei Experten ebenfalls sagten, ist an die Belastung und Herausforderung geknüpft – an der der Körper mitsamt seinem Herz-Kreislaufsystem dann wächst.

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