Richtig Rudern: 9 typische Fehler auf dem Rudergerät

Häufige Fehler an der Rudermaschine – und wie Sie diese geschickt vermeiden

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Ob in den eigenen vier Wänden oder doch im Gym: An einem Rudergerät zu trainieren, birgt unglaublich viele Vorteile, da das weite Teile der Muskulatur gleichmäßig beansprucht und zugleich die Ausdauer trainiert wird.

Damit Sie selbst in den vollen Genuss dieser gesundheitlichen und Fitnessvorteile kommen, gilt es aber Fehler, beispielsweise durch falsche Ausführungen oder Haltungen, dringlichst zu vermeiden!

Generell ist das Training am Rudergerät nicht schwer. Da das Gerät selbst den Bewegungsablauf eingrenzt, sind Trainingseinheiten weniger anfällig für Fehler als beispielsweise beim Umgang mit freien Gewichten. Simultan ist das Verletzungsrisiko weitaus geringfügiger.

Trotzdem ist eine korrekte Ausführung wichtig, denn Fehler werden Sie vielleicht nicht sofort, aber spätestens beim regelmäßigen Rudertraining bemerken.

Wussten Sie schon?

Im Zuge der Corona-Pandemie entwickelten sich Rudergeräte für das heimische Fitnessstudio zum echten Verkaufsschlager.

Eine statistische Erhebung für Österreich hat festgestellt, dass nach Webcams und Brotbackautomaten die Rudergeräte zu den am stärksten nachgefragten Geräten während der Corona-Lockdowns zählten – noch vor anderen Elektronikgeräten und der PlayStation 4!

Warum kommt es beim Rudern zu Fehlern?

Wir alle wissen wie man läuft, saßen schon einmal auf einem Fahrrad oder haben eine ganz gute Vorstellung davon, wie man den Tennisschläger schwingt – wenn das Treffen des Balls bei Anfängern meist auch eher schlecht als recht klappt.

Mit dem Rudern, ob auf dem Wasser oder eben auf einem Rudergerät, sind hingegen die wenigstens Menschen vertraut.

Die Bewegungsmuster beim Rudern sind also weitgehend unbekannt, vor allem für Menschen, die nicht zufällig in der Nähe vom Meer oder an einem See wohnen. Wir müssen uns diese Bewegungen Schritt für Schritt, mit viel Geduld und Bewusstsein, erst antrainieren.

Ein Muskelgedächtnis, im Englischen “Muscle Memory” genannt, gibt es nicht. Das und die Fähigkeit es zu trainieren, ist laut einer Studie übrigens tief in unserer DNA verankert.

Ein weiteres Indiz dafür, wie unbekannt das Rudern uns Deutschen eigentlich ist, zeigt die verschwindend geringe Anzahl der Mitglieder im “Deutscher Ruderverband”: die sich zuletzt auf rund 85.000 Mitglieder bezifferte.

Zum Vergleich: Der deutsche Tennisbund zählt rund 1,4 Millionen Mitglieder. Interessanter Fakt: Wie aus beiden Grafiken erkennbar, steigt die Anzahl der enthusiastischen Ruderer in der Bundesrepublik konsequent an, beim Tennis ist sie hingegen stark rückläufig.

Aller Anfang muss aber nicht schwer sein, auch das korrekte Rudern kann man sich antrainieren. Mit den nachfolgenden typischen Fehlern möchte unser Team Ihnen helfen, eben jene zu vermeiden. Bekanntlich kann man Fehler schließlich am besten umgehen, wenn man schon weiß, wo und wie sie entstehen!

Die korrekte Form

Bevor es an die Fehler geht, möchten wir hier darstellen, wie eine korrekte Form und ein einwandfreier Bewegungsablauf aussehen. Die nachfolgenden Informationen sollen Ihnen so, speziell auch später mit Hinblick auf die Fehler, als ein Vergleich dienen, wie man es richtig macht.

Phase 1: Der Durchzug

Das ist die Phase, die den größten Teil des Ruderns ausmacht. Sie beginnt mit Ihrer Ausgangsposition, bei der Sie darauf achten sollten:

  • Oberkörper ist nach vorn gebeugt, Knie sind im 90-Grad-Winkel angewinkelt
  • die Rückenmuskulatur ist entspannt, der obere Rücken bleibt fast gerade
  • Arme sind gestreckt und greifen die Griffe des Rudergerätes

Nun beginnt der Durchzug, bei dem Sie verschiedene Schritte bis zum Endzug durchlaufen.

  • Beine werden fast komplett durchgestreckt, der untere Rücken wird begradigt
  • Arme und Beine werden simultan nach hinten gezogen, den Großteil der Arbeit leistet der Rücken
  • der Oberkörper wird leicht nach hinten gelehnt, die Arme sind leicht angezogen
  • die Arme werden komplett zum Körper gezogen, die Ellbogen befinden sich hinter dem Torso
  • die hintere Schulter geht die Bewegung mit
  • am Ende des Durchzugs sind alle Muskelpartien komplett angespannt

Phase 2: das Abrollen

Beim Abrollen führen die Arme die Bewegung an, sie werden nach vorn gestreckt. Den Armen folgend, ziehen Oberkörper und Beine nach, das Gesäß zieht nach vorn. Das Abrollen ist beendet, sobald Sie sich wieder in der Ausgangsposition befinden und dann wieder von vorne beginnen, also mit dem Durchzug.

Häufige Fehler und wie Sie diese vermeiden

Nun wissen Sie, welche Bewegungsabläufe beim Rudern stattfinden, was sich wann bewegt und welche Körperteile anderen folgen. Nun möchten wir aufzeigen, wo typische Fehlerquellen lauern.

#1 – Der Rücken ist krummbuckelig

Erinnern Sie sich: Der Rücken ist zu den Beinen gebeugt, aber er macht keinen Buckel! Wenn Sie auf dem Rudergerät einen Buckel machen, also sich der obere Teil der Wirbelsäule bis zu den Schultern und dem Nacken nach vorn beugt, während der restliche Teil gerade ist, haben Sie eine Haltung, die ein wenig wie ein Halbmond aussieht – und falsch ist!

Den Rücken krumm zu halten beziehungsweise schon so mit den Bewegungen zu beginnen, ist einer der häufigsten Fehler. Der führt dazu, dass Sie den Großteil der Bewegung und des Kraftmoments auf die Schultern verlagern. Das endet in überstrapazierten Schultern ebenso wie in Rückenschmerzen.

Achten Sie darauf, die Schultern am Anfang des Durchzugs bewusst zurückzuziehen und “hängen zu lassen”, dadurch begradigt sich zugleich der obere Rücken.

#2 – Die Arme bewegen sich zu hoch und falsch

Das tritt häufiger auf, wenn die Gewichtsbelastung falsch beziehungsweise zu hoch eingestellt ist. Die Arme können sich dann auf zwei unterschiedliche Weisen falsch bewegen.

Einmal im falschen Winkel, was am Ende des Durchzugs passiert. Kurz bevor die Phase des Abrollens beginnt, machen die Arme eine Bewegung aus den Schultern heraus. Das ist gut erkennbar daran, dass sich die Handballen kurzzeitig über dem Kopf befinden, weil die Arme auf unnatürliche Weise hochgeschwungen werden. Auch das führt zu einer enormen Schulterbelastung und lockert schlimmstenfalls den Griff, was den Weg für weitere Verletzungen ebnet.

Ein anderer Fehler ist, wenn die Arme generell zu weit nach oben bewegt werden. Das merken Sie normalerweise daran, dass Sie schon nach wenigen Zügen Schmerzen in den Handgelenken haben, weil sich diese bei dieser falschen Bewegung verformen. Die Ellbogen zeigen bei diesem Fehler jeweils nach links und rechts, statt leicht angewinkelt nach hinten zu zeigen. Die Handgelenke verbiegen sich dann ungefähr so, als würden Sie Klimmzüge machen.

Besser ist: Die Hände bleiben während des Bewegungsablaufes auf Höhe der Brust, der Handrücken zeigt gerade zur Decke und nicht nach hinten.

#3 – Die Knie schwanken zu den Seiten hin

Beim Rudern werden die Oberschenkel deutlich beansprucht. Manchmal neigen wir dazu, diese Belastung zu umgehen, indem wir die Knie nach außen hin spreizen – quasi so, als würden Sie sich gerade in den Schneidersitz setzen wollen. Das ist ein typischer Fehler, auf den Sie achten sollten, denn das kann sowohl zu Verletzungen in den Oberschenkeln als auch einer zu starken Beanspruchung der Kniegelenke führen.

Besser ist, wenn die Knie eine gerade Linie zur Hüfte ergeben. Ebenfalls hilfreich sind die Befestigungsgurte an den Füßen. Wenn Sie nicht nur mit dem Fuß in die Schale reinschlüpfen, sondern die Füße tatsächlich fixieren, können die gar nicht erst die falsche Bewegung der Knie einläuten.

#4 – Der Körper holt Schwung

Das Training und die Arbeit sollen Ihre Muskeln übernehmen, nicht die Schwerkraft. Dieser Fehler tritt ebenfalls vermehrt auf, wenn die Gewichte zu hoch eingestellt wurden. Dann nämlich schaffen Ihre Muskeln die Belastung nicht oder nur schwer, wodurch Sie automatisch dazu neigen, mit dem Körper Schwung zu holen.

Bei diesem Fehler stimmt die ganze Bewegung nicht mehr. Die Beine flattern umher, die Arme ebenso. Beides ein Indiz dafür, dass Sie versuchen mit Ihrem Körpergewicht die Schwerkraft zu überlisten und sich ein Bewegungsmoment aufzubauen, das Ihrer Muskulatur die Belastung abnimmt. Schwungholen auf dem Rudergerät hat keinerlei Vorteile und erhöht die Verletzungsgefahr.

Eine Lösung: Filmen Sie sich selbst auf dem Rudergerät und schauen Sie sich danach das Video an. Meist erkennen Sie selbst sehr gut, wenn Sie schwungholen und Ihre Gliedmaßen “umherflattern”. Dann sollten Sie die Gewichtsbelastung reduzieren.

#5 – Klammergriff an der Haltestange

Dieser Fehler lässt sich am Anfang vielleicht nicht ganz vermeiden. Er ist auch weniger schlimm als die bisher genannten Fehler, aber trotzdem etwas, was Sie mittelfristig vermeiden sollten. Ein Klammergriff an der Haltestange, also da, wo sich die Hände befinden, hat keinen Vorteil. Dafür werden sich Ihre Finger bald äußerst strapaziert anfühlen oder Sie brechen das Training frühzeitig ab, weil sich in den Händen ein Muskelkater einstellt.

Das Rudergerät ist keine Kletterwand und keine Klimmzugstange. Sie müssen und sollten sich nicht wie wild daran festklammern, als würden Sie fallen, wenn Sie es nicht tun. Achten Sie bewusst auf einen verlässlichen, aber lockeren Griff. Hilfreich kann sein, bewusst die äußeren Ränder der Stange statt der Mitte zu greifen. Wenn Sie noch den kleinen Finger abstehen lassen, also nicht auf die Stange legen, wird Ihr Griff automatisch lockerer.

#6 – Ihr Durchzug ähnelt den Bewegungen einer Schlange

Das passiert häufig, wenn Sie falsch sitzen. Beim Durchzug bewegt sich die Hüfte zu weit vor, der Rücken zu weit nach hinten. Dann zeichnet Ihr Körper beim Durchzug ein Bewegungsmuster ähnlich dem umgedrehten Großbuchstaben “S”. Sie schwingen also mit der Hüfte ungleichmäßig nach vorn, mit dem Rücken zu weit nach hinten und dann ständig so hin und her.

Sich falsch hinzusetzen, also den Po zum Beispiel zu weit vorzurücken, begünstigt diesen Fehler. Versuchen Sie sich bewusst zu machen, dass Ihr Torso fest mit der Hüfte verbunden ist. Hilfreich kann vor allem bei Anfängern sein, sehr langsame und bewusste Bewegungen auszuführen.

Rudern Sie einige Minuten nur mit der Hüfte, um ein besseres Gefühl dafür zu erhalten, wie sich der Sitz mit Ihnen bewegt. Natürlich nur mit einer gering eingestellten Gewichtsbelastung.

#7 – Ihr Bizeps leistet den Großteil der Arbeit

Wenn Sie mit freien Gewichten curlen, dann ist Ihr Bizeps gefragt. Auf dem Rudergerät eher weniger. Unterliegen Sie nicht der Verführung, Ihren Bizeps die ganze Arbeit machen zu lassen. Dann nämlich leistet jede andere Muskelpartie weniger, allen voran der Rücken.

Macht Ihr Bizeps zu viel, verschenken Sie einen Großteil des Potentials beim Rudern. Das ist schade, denn korrektes Rudern soll laut der US-amerikanischen AFPA eigentlich 85 % der Muskulatur beanspruchen.

#8 – Das Atmen vergessen

Kling komisch, kommt aber häufiger vor als Sie denken. Wenn Sie sich bei einer zu großen Anstrengung verkrampfen, vergessen Sie mitunter das Atmen oder Sie atmen unregelmäßig. Beides bemerken Sie, weil Ihnen recht schnell schwindlig wird.

Beim Rudern geht es nicht um Leben und Tod. Gehen Sie es locker an, dann bleibt auch die Atmung natürlich. Bemerken Sie, dass Sie unregelmäßig atmen, Kopfschmerzen oder Schwindel bekommen, hören Sie mit dem Training auf und achten Sie das nächste Mal bewusster auf eine natürliche Atmung.

#9 – Aufwärmen ist keine schlechte Idee

Der letzte Fehler in unserer Top-9 ist nicht direkt dem Rudergerät vorbehalten. Trotzdem riskieren Sie Verletzungen, wenn Sie einfach von “0 auf 100” loslegen. Sich vor dem Training mit dem Rudergerät aufzuwärmen, ein wenig zu stretchen, Kniebeugen zu machen oder einige Minuten mit hochgezogenen Knien auf der Stelle zu gehen, bringt den Kreislauf in Schwung und wärmt die Muskulatur auf.

Nach dem Training ist das übrigens auch nicht verkehrt, um Ihrem Puls zu helfen sich langsam wieder zu normalisieren. Eine koreanische Studie verweist darauf, dass sich durch Stretching das Leistungsniveau nicht steigern lässt, wohl aber lässt sich das Verletzungsrisiko minimieren. Außerdem hilft es sich mental auf die bevorstehende Belastung einzustellen.

Fehlervermeidung reduziert das Verletzungsrisiko

Eine Meta-Studie betrachtete die steigende Popularität des Ruderns, sowohl In- als auch Outdoor, im Zusammenhang mit festgestellten Verletzungen. Ermittelt wurde dabei, dass das heimische Rudergerät bei der Altersgruppe ab 27 konsequent beliebter wird, sich aber simultan Verletzungen mehren.

Ebenfalls dokumentieren die Wissenschaftler, dass in den vergangenen Jahren große Fortschritte erzielt wurden. Mittlerweile lässt sich besser nachvollziehen, warum es zu Verletzungen kommt, was der Therapie beziehungsweise Behandlung und der Prävention gleichermaßen hilfreich ist.

Fazit: Rudern? Ja, gerne, aber bitte ohne Fehler!

Mit einer Beanspruchung von 85 % der Muskulatur und einem Kilokalorienverbrauch von etwa 400 bis 800 kcal (laut der AOK) ist das Rudern unglaublich vorteilbehaftet. Diese Vorteile für Ihre Gesundheit und Fitness auszuspielen funktioniert aber nur dann, wenn Sie simultan die Fehler und daraus resultierenden Verletzungsrisiken minimieren.

Vor allem am Anfang ist unser Rat: Lassen Sie es bewusst und langsam angehen! In der ersten Zeit sollten Sie die Bewegungsabläufe einstudieren und trainieren, Muskelaufbau oder Kalorienverbrennung spielen da eine untergeordnete Rolle. Erst dann, wenn Sie alle neun genannten Fehler sicher vermeiden, sollten Sie Ihre Trainingsintensität und die Gewichtsbelastung steigern. Dann werden Sie feststellen, wie viel Spaß korrektes Rudern an hochwertigen Rudergeräten eigentlich macht!

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