Kettlebells – Eisen, Stahl oder Kunststoff?
“Aus welchem Material sollte die Kettlebell bestehen?” Eine Frage, die die Kettlebell-Community immer wieder aufs Neue zu spalten droht. Alle Materialien bringen Vor- und Nachteile mit sich. Kommt noch die Option der variablen Kettlebell hinzu, die mittels Gewichtsscheiben flexibel genutzt werden kann, ist das Chaos perfekt.
Welches Material letztendlich das richtige ist, ist letztendlich eine Glaubensfrage. Tatsächlich sollte die Entscheidung allerdings davon anhängig gemacht werden, was mit der Kettlebell erreicht werden soll, wo sie zum Einsatz kommt und vor allem, wer sie nutzen möchte.
Eisen und Stahl
Eisen, genauer gesagt Gusseisen, gehört zu den beliebtesten Materialien in der Kettlebell-Community. Das hat vor allem einen historischen Hintergrund. Kettlebells aus Gusseisen und Stahl sind seit langem die typischen Materialien im Profisport.
Wer anstrebt professionell mit den Kettlebells trainieren zu wollen, sollte daher langfristig zu den Varianten aus Gusseisen oder Stahl greifen. Im Profisport und Wettbewerben gibt es keine Alternativen.
Doch warum hat sich Eisen und Stahl durchgesetzt und Kunststoff gilt eher als ein Material für Einsteiger und weniger Ambitionierte?
Im jahrzehntelangen Kettlebell-Training haben sich diese Materialien vor allem deshalb bewährt, weil sie robust sind. Egal auf was oder wie tief sie fallen, die Kugeln sind quasi unzerstörbar.
Aus einem Stück gegossen machen sie außerdem einen hochwertigen Eindruck, es gibt keine Kerben oder die Möglichkeit, dass der Griff abbrechen könnte.
Einen Nachteil haben sie allerdings: sie sind sehr kostenintensiv. Das allerdings stört die wenigsten Sportler, schließlich handelt es sich um einmalige Anschaffungen. Eine Kettlebell ist sehr langlebig, bringt keinerlei Wartungskosten mit sich und nimmt nicht so schnell irgendeinen Schaden. Ein weiteres Argument, dass den vermeintlich hohen Anschaffungspreis rechtfertigt und selbst für einen Anfänger die Anschaffung einer Stahlkugel interessant macht: Kettlebells haben einen sehr hohen Wiederverkaufswert, da sie beim Training nicht zu Schaden kommen können und aufgrund ihres Materials keine Abnutzungserscheinungen geben kann, es kann maximal zum Abplatzen von Farben bei bedruckten Kettlebells kommen. Augenscheinlich ist eine gebrauchte Kettlebell daher nicht von einer neuwertigen zu unterscheiden.
Einen weiteren Zusammenhang gibt es mit den Gewichten. Kunststoffkugeln sind häufig nur bis zu einem Gewicht von 20 kg erhältlich. Wer professionell mit den Kettlebells trainiert, kommt mit 20 kg Gewicht nicht an seine Grenzen und benötigt in den oberen Wettkampfklassen ein entsprechend hohes Gewicht.
Stahl hat im Gegensatz zu Eisen den Vorteil, nicht rosten zu können. Insbesondere in den höheren Gewichtsklassen wird anstatt zu Gusseisen lieber zu Stahlkugeln zu greifen.
Neben dem Vorteil nicht rosten zu können, können Stahlkugeln außerdem nicht brechen, Kettlebells aus Gusseisen hingegen schon.
Da bei Eisen- oder Stahlkugeln häufig bemängelt wird, dass sie beim Runterfallen den Boden beschädigen könnten, gibt es für das Training entweder spezielle Matten, die den Boden schonen sollen oder aber Überzüge für die Kugeln selbst. Zumindest in den niedrigeren Gewichtklassen wären diese Überzüge eine mögliche Option. Für Kettlebells in höheren Gewichtsklassen hingegen gibt es nicht die passenden Überzüge.
Wer viel wert darauf legt, dass der Boden geschont wird, sollte daher möglicherweise lieber auf Kunststoffkugeln zurückgreifen oder das Training in entsprechende Räumlichkeiten wie ein Fitnessstudio legen.
Auf Grund der Optik auf bunte Kunststoffkugeln zurückgreifen zu müssen, ist übrigens nicht erforderlich. Zahlreiche Kettlebells aus Gusseisen oder Stahl verfügen über einen farbigen Vinyl-Überzug. Das sieht nicht nur gut aus, sondern schont darüber hinaus auch den Boden.
Kunststoff
Vor allem Kunststoff ist bei den Profis in der Kettlebell-Community verpönt. Es sind vor allem die “Hardcore-Profis”, die den Sport rund um die Kugelhantel sehr ernst nehmen und an Wettbewerben teilnehmen, die den Kugeln aus Kunststoff wenig abgewinnen können.
Das ist schade, denn die Kugeln aus Kunststoff haben einige Vorteile. In erster Linie sind sie nämlich bodenschonend und daher perfekt für das Training im eigenen Wohnzimmer geeignet. Gerade Anfänger, die noch nicht sonderlich geübt im Umgang mit der Kettlebell sind, setzen die Kugelhantel schnell einmal ungünstig ab oder lässt sie aus versehen fallen, was bei Kunststoff-Kettlebells allerdings weniger schlimm ist als bei Stahl- oder Eisen-Kettlebells.
Das Material hat allerdings den Nachteil, ungünstig in den Händen zu liegen und teilweise sogar rutschen zu können. Die Verwendung von entsprechenden Handschuhen sind daher beim Training unumgänglich, ansonsten werden Verletzungen riskiert oder die Übungen können nicht korrekt ausgeführt werden.
Sie sind außerdem weniger kostenintensiv, allerdings nicht so robust wie Eisen. Kunststoff ist zwar, wenn die Dichte der Moleküle entsprechend hoch ist, ein relativ fester Stoff, kann allerdings dennoch kaputt gehen.
Zudem sind sie, aufgrund der Materialbeschaffenheit, oftmals nur bis 20 kg erhältlich. Da es vor allem Hobbysportler sind, die zu Kettlebells aus Kunststoff greifen, ist die Gewichtsbeschränkung bis 20 kg allerdings oftmals kein Nachteil. Ein Training mit 20 kg Gewicht ist häufig eher den Profisportler vor enthalten. Oder anders gesagt, wer das Training mit den Kettlebells derart ernst nimmt, dass er in der Lage ist, mit 20 kg zu trainieren, hat an sich selbst vermutlich den Anspruch mit “richtigen” Kettlebells aus Gusseisen oder Stahl trainieren zu wollen.
Beim Kauf dennoch zu den Kunststoff-Kugeln zu greifen ist allerdings weder eine Schande noch sinnlos. Die bodenschonende Eigenschaft der Kunststoff-Kugelhanteln wurde bereits erwähnt. Doch wie steht es um die weiteren Vorteile?
Die Optik der Kunststoff-Kettlebells ist für viele Frauen ein weiteres Argument für den Kauf.
Was es mit “in einem Stück gegossen” auf sich hat
Egal ob Eisen, Stahl oder Kunststoff, beim Kauf sollte vor allem darauf geachtet werden, dass die Kettlebell aus einem Stück gegossen worden ist. Doch warum sollte darauf so viel Wert gelegt werden? Die Erklärung ist denkbar einfach. Ist der Griff nur angeschweißt, entsteht eine potentielle Bruchstelle. Löst sich beim Training die Kettlebell vom Griff, kann das zur großen Gefahr werden und schwere Verletzungen nach sich ziehen. So eine Bruchstelle muss nicht immer von schlechter Verarbeitung zeugen.
Es ist bei höheren Belastungen, die unweigerlich beim Kettlebell-Training entstehen, typisch, dass es auf kurz oder lang zu Materialermüdungen kommen kann – der Griff bricht ab.
Markenhersteller setzen daher auf Kettlebells, die in einem Stück gegossen wurden. Es lohnt sich beim Kauf also, Geld in ein Markenprodukt zu investieren. Wir empfehlen die acht von uns getesteten Kettlebells. Diese sind alle in einem Stück gegossen und es besteht nicht das Risiko, dass der Griff abbrechen könnte.
Variable Kettlebells – eine Alternative?
Neben den klassischen Kettlebells gibt es noch Modelle, bei denen das Gewicht variabel eingestellt werden kann. So kann die Kettlebell einfach mit Gewichtsscheiben bestückt werden, um das Gewicht den eigenen Anforderungen entsprechend einzustellen.
In erster Linie spart dies Geld, da es nicht mehr erforderlich ist, mehrere Kettlebells für ein gezieltes Training anschaffen zu müssen. Auch aus logistischen Gründen kann es sinnvoll sein, zu variablen Kettlebells zu greifen. Die einzelnen Gewichtsscheiben können platzsparend verstaut werden, was logistisch gesehen durchaus von Vorteil ist.
Variable Kettlebells bringen allerdings einige Nachteile mit sich im Gegensatz zu Kettlebells mit einem fixen Gewicht.
In erster Linie ist es der Griff der Kugelhantel, die sich deutlich von dem einer klassischen Kettlebell unterscheidet. Dieser ist bei den meisten Produkten deutlich länger als bei Kettlebells, mit einem fixen Gewicht. Das ändert vor allem das Bewegungsverhalten der Kugelhantel deutlich.
Es gibt verschiedene Arten, wie die Variabilität der Kettlebell bewerkstelligt wird. Wenige Produkte sind dabei in der Lage, dem Nutzer ein sicheres Gefühl zu geben. Die Gewichtsscheiben sitzen häufig nicht “bombenfest” und klappern sogar. Neben diesem unsicheren Gefühl ist es zusätzlich die Größe, die variable Kettlebells maßgeblich von klassischen Kettlebells unterscheidet.
Variable Kettlebells verfügen häufig über scharfe Kanten oder sind eckig konstruiert, was gerade bei Einsteigern, die im Umgang mit den Kettlebells noch nicht geübt sind, schmerzhaft enden kann.
Ein weiterer großer Nachteile: variable Kettlebells sind sehr kostenintensiv. Objektiv betrachtet, ist dieser Preis angemessen, schließlich ist eine Reihe von Gewichten enthalten. Das erlaubt es, die Kettlebell beispielsweise von 2 kg bis 18 kg zu verstellen. Das spart Geld, denn es ist nicht nötig, mehrere Kettlebells zu kaufen. Ist der vermeintliche Nachteil also nicht viel eher ein Vorteil?
Wie bei vielen anderen Punkten rund um die Kettlebell gibt es keine allgemeingültige Antwort auf diese Frage. Letztendlich hängt die Antwort von den Bedürfnissen und der individuellen Anwendung ab.
Für viele Hobbysportler ist diese vermeintliche Option Geld einsparen zu können nicht von Belang. Die wenigsten Menschen nutzen die komplette Bandbreite von 2 bis 20 kg oder mehr. Für Privatpersonen ist das Argument den ein oder anderen Euro durch eine variable Kettlebell einsparen zu können, daher nicht interessant.
Lediglich für Personaltrainer könnte es beispielsweise interessant sein, dass sie nur eine Kettlebell anschaffen müssen und diese individuell an den Trainingszustand anpassen können.
Für Profisportler, die sowieso viel Wert auf ihr Equipment legen und sich nicht scheuen, einiges an Geld in die Kettlebells zu investieren, wiegt das Argument Geld durch die Anschaffung einer variablen Kettlebell zu sparen, kaum.
Die Frage, ob variable Kettlebells eine mögliche Alternative darstellen, lässt sich also eher mit “nein” beantworten. Zumindest dann, wenn der Anspruch an die Kettlebell entsprechend hoch ist und es auch als solches zum Einsatz kommen soll.
Durch die meist nicht abgerundete Form und den deutlichen Größenunterschied der variablen Kettlebells sind sie zum richtigen Kettlebell-Training nur bedingt geeignet.
Als verstellbare Kurzhantel hingegen kann die variable Kettlebell beispielsweise sehr gut zum Einsatz kommen. Auch die variable Kettlebell hat ihre Daseins-Berechtigung, wenn auch vielleicht nicht für das klassische Kettlebell-Training.
Fazit – auf die Nutzung kommt es an
Ein Fazit zu ziehen, ob es nun Eisen, Stahl, Kunststoff oder gar eine variable Kettlebell sein soll, ist nicht ganz einfach. Letztendlich kommt es auf die individuelle Nutzung an und was mit dem Kettlebell angestrebt wird.
Das klassische Material ist zweifelsohne Eisen, in den höheren Gewichtsklassen Stahl. Competition-Kettlebells sind in den meisten Fällen aus diesen beiden Materialien angefertigt. Sie sind teurer, schonen den Boden nicht und bergen eine größere Verletzungsgefahr. Nachteile allerdings, die für Profisportler nicht als solche einzustufen sind. Wer das Training mit der Kettlebell ernst nimmt, trainiert so oder so nicht im häuslichen Wohnzimmer und ist im Umgang mit der Kettlebell geübt, so dass die Verletzungsgefahr minimal ist.
Wer hingegen Wert darauf legt, dass die Kettlebell nicht zu teuer ist und der Boden in der Wohnung keine Macken abbekommt, während vor dem Fernseher etwas trainiert wird, ist mit einer Kunststoff-Kettlebell bestens beraten.
Zu guter letzt gibt es noch eine Gruppe, die die Kettlebell beispielsweise zum Hanteltraining “zweckentfremdet” und daher auch sehr gut mit einer flexiblen Kettlebell mit diversen Gewichtsscheiben klar kommt.
Es kommt beim Material nicht darauf an, ob es das “richtige” ist, sondern viel eher, ob es den individuellen Bedürfnissen gerecht werden kann. Daher ist Kunststoff nicht schlechter als Eisen oder die variable Kettlebell keine sinnvolle Erfindung.